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Von der nationalen zur internationalen Präsen

„Heiße Mode für passende jetzt Jahreszeit Sie und Ihn: Trend folgen mit schöne Kleidung!“ – das klingt fantasievoll, dürfte aber eher weniger Kunden anlocken. Dennoch findet man solche und ähnliche Beschreibungen immer wieder auf den Internetseiten kleiner und mittlerer online-Händler. Was sich wie ein Scherz liest, ist das Aushängeschild des Handels, die Werbung. Geschäfte machen kann man damit jedoch nicht. Wie kommt es zu solchen seltsamen Formulierungen?

Meist ist der Sparsinn des jeweiligen Seiteninhabers daran Schuld. Der Gedanke, neue Möglichkeiten für den Handel zu nutzen, ist gar nicht so falsch, und es ist auch durchaus löblich, sich die neuesten technischen Errungenschaften dabei zunutze zu machen – aber Übersetzungssoftware gehört definitiv nicht zu den ausgereiften Möglichkeiten des Internets. Die meisten Übersetzungsdienste sind ganz brauchbar, wenn es darum geht, grob den Inhalt eines Textes zu erfassen. Für eine genaue Übersetzung taugen sie nicht, und wohlklingende, dem Anlass angepasste Sprache produzieren sie auch nicht. In den meisten Fällen produziert diese Software nicht einmal korrekte Grammatik.

Abgesehen davon gehört sehr viel mehr dazu als nur eine adäquate Übersetzung, wenn man als Händler seine Internetseite im Ausland präsentieren und dabei auch noch gut aussehen will. Was es braucht, das soll hier kurz aufgeführt werden.

Gute Übersetzungen

Allen Sparmaßnahmen zum Trotz kommt man nicht um einen verhältnismäßig teuren Übersetzungsdienst herum, wenn man brauchbare Texte sehen will. Denn eine Übersetzung des reinen Wortsinns, wie sie Software liefert, reicht nicht aus. Der Satzbau und die Reihenfolge der Wörter müssen umgestaltet werden, die Grammatik muss angepasst werden, und oft müssen Umschreibungen geändert werden. Ein Beispiel, das so wohl eher selten für die Werbung genutzt wird, soll das demonstrieren: Im deutschen Sprachgebrauch ist hin und wieder „die Kacke am Dampfen“. Damit kann der Englisch-Muttersprachler nicht viel anfangen, denn im englischen Sprachgebrauch wird es sehr viel dramatischer, wenn „the shit hits the fan“ (wörtlich: „die Scheiße trifft den Ventilator“). Keine Redewendung lässt sich wörtlich übersetzen, und das gilt nicht nur für Übersetzungen Deutsch-Englisch, sondern für alle Sprachen. Und keine Software weiß, ob es sich bei dem „Sneaker“ im Schuhhandel nun um einen Leisetreter, einen Segeltuchschuh oder einen Turnschuh handelt. Missverständnisse sind vorprogrammiert. Es lohnt auf jeden Fall, eine professionelle Übersetzung von einem im jeweiligen Fachgebiet bewanderten Muttersprachler vornehmen zu lassen.

Textlänge und -erscheinung

Die jeweilige Textlänge variiert zwischen den einzelnen Sprachen. Was im Deutschen mit fünf Sätzen erklärt werden muss, kann im Japanischen mit drei Wörtern gesagt sein, und wo das Spanische lange Umschreibungen gibt, ist das Englische knackig kurz. Oder umgekehrt. Jedenfalls wird kein Text in der Übersetzung noch die gleiche Länge haben wie vorher, benötigt also entsprechend mehr oder weniger Raum. Daran muss das Layout einer Internetseite angepasst werden, um unschöne freie Felder, Texthaufen und fehlende Balance zu vermeiden. Das mag mit einem Computerexperten im Haus noch recht schnell gemacht sein – aber man bedenke, dass dies für jede neue Sprache und nicht nur einmalig nötig sein wird.

[nextpage title=“Die zweite Ebene: Bilder“]

Bilder sind Bedeutungsträger. Deshalb ist das Internet voll davon, deshalb kommt Werbung nicht ohne Bilder aus. Ob Fotografien oder Zeichnungen, kurze Filme oder bewegte Banner: Illustrationen wecken Assoziationen und werden immer mit Gefühlen in Verbindung gebracht. Was für den Deutschen positiv ist, muss für den Griechen noch lange nicht funktionieren. Während hierzulande leicht bekleidete Herren Buttermilch bewerben und damit Erfolg haben können, wird dies in anderen Ländern schlicht für Unverständnis sorgen – denn was bitteschön hat ein Grundnahrungsmittel (und das ist Buttermilch in manchen Ländern) mit Herrenunterwäsche zu tun? Der Grundsatz „Sex sells“ gilt auch nicht überall, vielmehr mag man sich in manchen Ländern eine Klage wegen Störung der öffentlichen Ordnung, Schamlosigkeit oder Unzucht einhandeln. Schließlich und letztendlich sind nicht einmal die vermeintlich harmlosen Bilder wirklich harmlos: Während ein Alpenpanorama hierzulande für Gemütlichkeit, urdeutsche Kultur, Hüttengaudi und Hausmannskost steht, wird ein US-Amerikaner beim gleichen Anblick an Abenteuer, Wildnis und „echte Kerle“ denken. Das sind grundverschiedene Dinge, sollte man meinen.

Das heißt konkret, dass eine bestehende deutsche Internetseite zwar als Basis für eine ausländische Internetpräsenz dienen kann, dass aber nicht nur die Texte, sondern auch die Illustrationen überarbeitet werden müssen. Und das kann der Computerfachmann im Haus schon nicht mehr, es sei denn, er hat nebenher Kulturwissenschaften studiert. Vielmehr sollte man einen Muttersprachler zu Rate ziehen, oder Geisteswissenschaftler von der Universität. Denn diese kennen sich in der Kultur, der Landeskunde, und der dem Studienland eigenen Werbekultur meist besser aus als Computerfachleute.

Farben und Formen

Die dritte Ebene von Werbung ist fast noch subtiler als die Bilder es sind. Es geht um Farben und Formen. Beides sind Bedeutungsträger. Im deutschen Sprachraum steht Rot für die Liebe, Weiß für Unschuld und Jungfräulichkeit und Grün für die Hoffnung. In englischsprachigen Kulturen dagegen hat Rot nicht viel mit Liebe zu tun – die Farbe steht für Aggression, Leidenschaft, Sünde und Blut. Weiß hat in der gesamten westlichen Welt die gleiche Bedeutung, wird in asiatischen Kulturen jedoch mit Tod und Trauer in Verbindung gebracht. Eine Ausnahme, innerhalb derer die Farbsymbolik von Weiß trotzdem funktioniert, sind die Produkte aus dem Haus Apple, die sich weltweit recht gut vermarkten lassen – Weiß steht in diesem Fall für Fortschritt, Avantgarde, Design und Funktionalität. Grün steht in China dagegen für Sexualität, je nach Region und Kontext auch für homosexuelle Aktionen. In der englischsprachigen Folklore symbolisiert die Farbe Magie, Hexenkraft und den Teufel. Ähnliche kulturelle Unterschiede bestehen hinsichtlich geometrischer Formen, Rahmengestaltungen und des gesamten Layouts. Letztendlich muss auch das Gesamtdesign beachtet werden: Während in westlichen Kulturen dem Auge perfekte Symmetrie wohltuend erscheint, basiert die japanische Ästhetik beispielsweise auf einer sehr feinen, kaum bewusst wahrnehmbaren Asymmetrie.

Diese Differenzen sind vielen Menschen, die sich überwiegend im eigenen Kulturraum bewegen, nicht bewusst. Das ist völlig normal und keine Schande – eine Schande ist es jedoch, beim Aufbau einer internationalen Internetpräsenz diese Implikationen zu missachten und sich damit potenzielle Kundschaft zu vergraulen. Es lohnt tatsächlich, die Hilfe entsprechend geschulter Menschen in Kauf zu nehmen und eine gut durchdachte und seriös wirkende Seite aufzubauen.

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